Presse Umweltbundesamt
 
Ergebnisse des zweiten Expertengespräches am 28.04.1998 im Umweltbundesamt
Ergebnisse eines Expertengespräches am 25. März 1998 im Umweltbundesamt
 


   
Pressemitteilung
Empfehlungen zu polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in Wohnungen mit Parkettböden
Ergebnisse des zweiten Expertengespräches am 28.04.1998 im Umweltbundesamt

Im Anschluß an das erste Expertengespräch am 25. März kamen im Umweltbundesamt in Berlin am 28. April Wissenschaftler und Vertreter aus Bund, Ländern und Kommunen zu einem zweiten Gespräch über die Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in Wohnungen mit Parkettböden zusammen. Die noch offenen Fragen sollten geklärt und konkrete Handlungsempfehlungen für die Herabsetzung der PAK-Belastung erarbeitet werden. Die Experten waren sich der wachsenden Besorgnis der Betroffenen bewußt, die sich aus den krebserzeugenden Eigenschaften der PAK, insbesondere des wichtigsten Vertreters dieser Gruppe, des Benzo(a)pyren (BaP), ergibt. Während es an einzelnen Stellen von den zuständigen Behörden bereits unterschiedliche Vorgaben für den Umgang mit dem Problem gegeben hatte, sollte auf dem Expertengespräch eine bundesweit anwendbare Vorgehensweise erarbeitet werden. Die Experten kamen zu folgenden Empfehlungen für ein sofortiges und mittelfristiges Vorgehen:

1. Es wird zunächst der Parkettkleber auf den Gehalt an Benzo(a)pyren (BaP) - dem wichtigsten PAK - untersucht, sofern eine Sichtprüfung ergeben hat, daß es sich um "dunkles" Klebematerial handelt. Letzteres weist auf den Einsatz von Teer und Bitumen hin.

2. Weist der Parkettkleber einen BaP-Gehalt von weniger als 10 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) auf, sind keine weiteren Maßnahmen erforderlich.

3. Liegt der BaP-Gehalt des Parkettklebers über 10 mg/kg, ist ein abgestuftes Vorgehen zu empfehlen:

  • Bei einem BaP-Gehalt von 10 bis 3000 mg/kg im Parkettkleber wird der Hausstaub untersucht:
  • Werden im Hausstaub mehr als 10 mg BaP pro Kilogramm festgestellt, sollten kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung ergriffen werden.
  • Bei einem BaP-Gehalt von weniger als 10 mg/kg im Hausstaub ist im Einzelfall vor Ort zu entscheiden, welche Maßnahmen mittelfristig zu ergreifen sind.
  • Bei einem BaP-Gehalt über 3000 mg/kg im Parkettkleber und bei einem BaP-Gehalt von mehr als 10 mg/kg im Hausstaub sollten kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung ergriffen werden.
  • Bei einem BaP-Gehalt über 3000 mg/kg im Parkettkleber und bei einem BaP-Gehalt unter 10 mg/kg im Hausstaub wird zusätzlich die BaP-Konzentration der Innenraumluft und - parallel dazu - der Außenluft gemessen. Neue Messungen haben ergeben, daß entgegen bisheriger Annahmen bei einem hohen BaP-Gehalt des Klebers erhöhte BaP-Konzentrationen in der Raumluft auftreten können. Die Außenluft muß untersucht werden, weil das dort vorhandene BaP auch durch Luftaustausch in den Innenraum gelangt. Ist die Raumluftkonzentration an BaP mehr als doppelt so hoch wie die Außenluftkonzentration, mindestens aber um 3 Nanogramm pro Kubikmeter (ng/m3, = Millardstel Gramm pro Kubikmeter) höher, sollten kurzfristig Maßnahmen zur Minimierung der Belastung ergriffen werden.
4. Die Experten waren sich darüber einig, daß der Zustand des Parketts eine Rolle spielt. Man sah sich aber außerstande, Beurteilungsmaßstäbe hierfür vorzugeben, da diese Beurteilung von Bauexperten vorgenommen werden sollte.

5. Die Entscheidung über Art und Umfang der mittelfristig zu treffenden Maßnahmen kann auch durch die Ergebnisse von Urinuntersuchungen auf PAK-Abbauprodukte (Human-Biomonitoring) erleichtert werden, obwohl die Interpretation solcher Ergebnisse im Einzelfall schwierig ist.

Hinsichtlich der Entscheidung über Maßnahmen, die zur Herabsetzung der parkettbedingten Belastungen zu ergreifen sind, sind folgende Gesichtspunkte von Bedeutung: Der Ersatz eines Parkettbodens kann wegen des Alters vielfach bereits aus optischen und technischen Gründen erforderlich sein. Die geeignete Methode ist so zu wählen, daß - neben der Wiederherstellung eines einwandfreien Nutzungszustands - durch diese Maßnahme zumindest die PAK-Abgabe des teerhaltigen Klebers in den Innenraum wirkungsvoll und dauerhaft reduziert wird. Die Wahl der Maßnahme ist wesentlich vom Schädigungsgrad des Parketts abhängig. Die Arbeiten sollten nur von Fachfirmen vorgenommen werden. Das bedeutet im einzelnen:

Bei starken Parkettschäden, das heißt bei einer größeren Zahl loser Parkettstäbe oder sehr weit geöffneten Fugen kommt in der Regel das vollständige Entfernen des Belags in Betracht. Der verbleibende teerhaltige Kleber sollte nach Möglichkeit mit entfernt werden, wobei die nicht unerhebliche Staubbelastung beim Abfräsen oder Abschleifen zu berücksichtigen ist. Dies kann umfangreiche Arbeitsschutzmaßnahmen erforderlich machen.

Kann der Kleber nicht entfernt werden, so ist er mit geeigneten diffusionsdichten Materialien abzudecken, auf die ein neuer, nicht verklebter Belag (zum Beispiel Teppichboden, Laminat, Fertigparkett) aufgebracht werden kann. Ist das alte Parkett noch fest und tragfähig, kann es im einfachsten Fall mit neuen Belägen (Teppichboden, Laminat, Fertigparkett) überdeckt werden, wobei jedoch die größere Einbauhöhe zu beachten ist.

Soll das alte Parkett nicht entfernt oder abgedeckt werden, kommt unter Umständen auch eine Abdichtung mit im Fachhandel angebotenen Spezialprodukten in Frage. Parkettfugen können mit handelsüblichen Reparaturpasten oder -kitten geschlossen oder mit elastischen Fugendichtstoffen auf Acrylatbasis abgedichtet werden, die der Fachhandel in holzüblichen Farbtönen anbietet. Insbesondere bei Eichenparkett können bei Fugen kleiner als drei Millimeter mit den oben erwähnten Reparaturpasten und einer drei- bis vierfachen Versiegelung des Parketts mit wasserverdünnbaren Spezialprodukten auf Acrylat- oder Polyurethanbasis brauchbare Ergebnisse erzielt werden. Es ist davon auszugehen, daß solche Maßnahmen jedoch wegen der begrenzten Haltbarkeit regelmäßige Renovierungsintervalle erforderlich machen.

Berlin, den 29.04.1998


   
Pressemitteilung
Belastung mit polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) in Wohnungen mit Parkettböden
Ergebnisse eines Expertengespräches am 25. März 1998 im Umweltbundesamt

Bei Messungen in früher von US-Streitkräften genutzten Wohnungen mit Holzparkettboden wurden in Frankfurt am Main erhöhte Werte von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) im Hausstaub auf dem Fußboden gefunden. Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe ist der Sammelbegriff für eine chemische Stoffklasse, die zahlreiche Verbindungen umfaßt. Einige der PAK gelten als krebserzeugend. PAK entstehen bei Verbrennungsprozessen, finden sich aber auch in teer- und bitumenhaltigen Produkten. In der Raumluft ist der Tabakrauch eine bedeutsame Quelle. PAK können über die Luft, durch Kontakt über die Haut und durch die Nahrung aufgenommen werden.

In Frankfurt wurden im Hausstaub stark unterschiedliche PAK-Gehalte festgestellt, die überwiegend zwischen etwa 10 und 1000 Milligramm pro Kilogramm (mg/kg) lagen. Ursache der erhöhten PAK-Gehalte sind die für die Verlegung des Parketts benutzten Kleber. In einigen Fällen wurde bei den Messungen neben Hausstaub auch Schwebstaub in der Raumluft untersucht. Die PAK-Gehalte in der Raumluft entsprachen denen der Außenluft. Zur Erfassung der PAK-Aufnahme wurde in Frankfurt der Urin von 60 Kindern aus Wohnungen mit teer-/bitumenverklebten Parkettböden und zum Vergleich von 23 Kindern aus anderen Wohnungen auf Stoffwechselprodukte von PAK untersucht.

Ähnliche Fälle mit erhöhten PAK-Werten wurden auch aus Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland Pfalz und Berlin bekannt.

Wegen der erheblichen Betroffenheit und Verunsicherung der Bevölkerung und der länderübergreifenden Bedeutung des Problems hat das Umweltbundesamt auf Bitten der Bundesministerien für Umwelt, für Gesundheit, für Bauen und für Finanzen am 25. März 1998 in Berlin ein Expertengespräch veranstaltet. Eingeladen waren Wissenschaftler und Behörden-vertreter aus Bund, Ländern und Kommunen. Die derzeit vorliegenden, zum Teil nur schwer interpretierbaren Daten wurden zusammengetragen und bewertet. Ziel war es, auf dieser Basis zu einem einheitlichen Informationsstand und zu einer gemeinsamen Bewertung der gesundheitlichen Risiken der PAK-Belastung in Wohnungen mit Parkettböden zu kommen. Konkrete Empfehlungen, wie sich die Belastungen mit PAK verringern lassen, konnten angesichts der Vielschichtigkeit des Problems noch nicht formuliert werden. In Kürze wird es deshalb eine Fortsetzung des Expertengespräches geben, auf dem die noch offenen Fragen geklärt werden sollen.

Die Ergebnisse des ersten Gespräches lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Die beim Wohnungsbau verwendeten Parkettkleber enthielten bis in die 50er Jahre Bitumen und Teeröle, danach wurden reine Bitumenkleber eingesetzt. Ab Mitte der 70er Jahre wurden Kleber auf anderer Basis verwendet. Die PAK-Gehalte von Teerölen sind wesentlich höher als die von Bitumen. Die Verwendung der Kleber war Stand der Technik. Sie wurden fast ausschließlich bei der Verlegung von Stab-, kaum aber bei der Verlegung von Mosaikparkett verwendet.
  • Die Durchsicht der bisher vorliegenden Analysenergebnisse zeigt, daß die PAK-Gehalte für Kleber und für Hausstaub in einem weiten Bereich schwanken. Eine wichtige Ursache dafür ist beim Hausstaub die Art der Probenahme. Die Proben wurden entweder durch Absaugen des Bodens oder Zusammenkehren des Staubes gewonnen. Bei schlechtem Parkettzustand können beim Absaugen des Bodens Teile des Klebers aus dem Unterbau mit in die Probe gelangen. Dies ist beim Kehren nicht der Fall. Die Experten waren daher der Meinung, daß durch Kehren gewonnene Proben eine bessere Einschätzung der Belastungssituation erlauben.
  • Hinsichtlich der Analysenergebnisse für Urin kamen die Experten unter Berücksichtigung der Ergebnisse der aus unabhängigen Fachleuten bestehenden Humanbiomonitoring-Kommission des Umweltbundesamtes zu dem Schluß, daß die bisher vorliegenden Daten aus allerdings kleinen Kollektiven auf eine erhöhte Belastung der Kinder in Wohnungen mit PAK-Parkettklebern hindeuten.
  • Die Experten waren sich auch darüber einig, daß das als krebserzeugend eingestufte Benzo(a)pyren (BaP) als Leitkomponente für die PAK dienen sollte. Dies ist national und international gängige Praxis.
  • BaP kann über die Atemluft, die Nahrung oder durch Kontakt über die Haut aufgenommen werden. Es wurde festgestellt, daß die über die Atemluft aufgenommene Menge an BaP im vorliegenden Fall gegenüber anderen Aufnahmewegen praktisch keine Rolle spielt. Die Aufnahme von BaP über den Hausstaub kann teilweise in der Größenordnung der nahrungsbedingten Aufnahme liegen, teilweise aber auch darüber.
  • Einigkeit bestand darüber, daß vor allem Kinder bis zu sechs Jahren, die in der Regel auf dem Boden spielen, exponiert sind und deshalb bei der gesundheitlichen Bewertung im Vordergrund stehen sollten.
  • Für ein Kind ist von einer täglichen Aufnahme von Hausstaub von etwa 100 Milligramm (ein Zehntel Gramm) auszugehen. Aus Vorsorgegründen wurde angenommen, daß das darin enthaltene BaP vollständig in den Organismus gelangt.
  • Zur Bewertung des durch den BaP-Gehalt im Hausstaub bedingten Krebsrisikos zogen die Experten hilfsweise einen Wert des in Vorbereitung befindlichen untergesetzlichen Regelwerkes (Stand 16.06.1997) zum Bundesbodenschutzgesetz heran. Die inhaltliche Grundlage für die Ausgestaltung dieses Regelwerkes bietet ein Eckpunktepapier der Bundesländer. Darin wird für die Ableitung eines gefahrenbezogenen Prüfwertes ein Risiko von 5 x 10-5 für die lebenslange Exposition genannt. Unter Zugrundelegung der von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) veröffentlichten Beziehungen zwischen Risiko und BaP-Zufuhr ließe sich für dieses Risiko von 5 x 10-5 ein BaP-Gehalt von 10 mg/kg Hausstaub ableiten. Dies würde bedeuten, daß bei lebenslanger Aufnahme von täglich 100 Milligramm Hausstaub mit einem BaP-Gehalt von 10 mg/kg mit fünf zusätzlichen Krebsfällen pro 100.000 Personen zu rechnen wäre.
Über diese Ableitung und die noch offenen Fragen, vor allem hinsichtlich eines geeigneten Analysenverfahrens und der Möglichkeiten zur Herabsetzung der Belastung, wird in Kürze in einem weiteren Expertengespräch diskutiert werden.

Berlin, den 27.03.1998


[ zurück ]