Pressestimmen Frankfurter Rundschau   03.06.1998     Verein: Wohnungs-Holding bewegt sich außerhalb des Rechts
29.05.1998     PVC-Böden werden weiter verlegt
20.05.1998     Mieter schmoren bis Ende Juni
07.05.1998     1800 städtische Wohnungen gehen an die Holding
06.05.1998     Schadstoffhaltiges Parkett wird nicht ausgetauscht
18.04.1998     Der Bund will die PAK-Sanierung mitbezahlen
08.04.1998     "Sofortige Sanierung der US-Housings"
07.04.1998     Kommentar  Was anderswo geht...
28.03.1998     Bewohner beklagen lange Grenzwert-Debatte
24.03.1998     Die ersten Mieter verlassen die US-housing areas
21.03.1998     Römerspitzen   Schwankende Gestalten
12.03.1998     Mieter in Hausen fordern Messungen sofort
26.01.1998     In der hübschen Wohnung lauert Gefahr im Boden
19.12.1997     Edwards-Siedlung  Gift im Hausstaub: Kinder gefährdet
11.12.1997     Für die Mieter ist der Klebstoff schuld an ihren Atemproblemen


03.06.1998
 
Verein: Wohnungs-Holding bewegt sich außerhalb des Rechts

Mieterhöhung durch Gerichtsurteile nicht gedeckt / Versiegelung der Parkettböden als unzureichend bezeichnet

Von Matthias Bartsch

Der Verein "Mieter helfen Mietern" hat das Verhalten der ABG Frankfurt Holding gegenüber den Bewohnern in den früheren US-Housing-Siedlungen kritisiert und zumindest teilweise als rechtswidrig bezeichnet.
Der Mieter-Verein wendet sich unter anderem gegen die Pläne der städtischen Wohnungsgesellschaft, die schadstoffbelasteten Parkettböden in den Housing-Wohnungen größtenteils nur zu versiegeln oder mit anderen Bodenbelägen abzudecken. Die Wohnungen seien schließlich mit Parkettboden vermietet worden und müßten Vermieter in diesem Zustand erhalten werden, meint Vereinssprecher Jürgen Lutz. Zudem habe sich in der Vergangenheit gezeigt, daß eine Versiegelung nicht ausreiche, um den Austritt des krebserregenden Schadstoffs PAK aus dem Parkettkleber zu verhindern.

Ähnliches müsse auch bei einer Abdeckung mit einem Bodenbelag befürchtet werden: "Keinem Mieter ist zuzumuten, auf einer Zeitbombe zu leben", sagt Lutz. Er forderte, daß mit jedem Mieter nach einer individuellen Lösung gesucht werden müsse.

Moralisch nicht vertretbar und rechtlich nicht zulässig ist nach Ansicht des Frankfurter Mieter-Vereins die kürzlich von der Holding angekündigte Mieterhöhung für verschiedene dieser Housing-Wohnblocks. Die Anhebung um etwa 1,40 Mark pro Quadratmeter war mit Fassaden- und Wärmedämmungsarbeiten an den Blocks begründet worden.

Die Sanierung der Fassaden gehöre aber schon aus Instandhaltungsgründen zu den Aufgaben des Vermieters und dürften laut Gesetz nicht zu einer Mieterhöhung führen, sagt Lutz. Auch der "Trick" mit der zusätzlichen Wärmedämmung greife in diesem Fall nicht. Nach geltender Rechtssprechung müsse die Mieterhöhung nämlich "in einem vernünftigen Verhältnis zur Energieeinsparung" stehen.

Als Grenze für die Anhebung werde von Richtern etwa der doppelte Betrag der Einsparung gesehen. Im Falle einer 100-Quadratmeter-Wohnung sei aber durch die Wärmedämmung der Fassade allenfalls mit monatlichen Einsparungen von zehn Mark zu rechnen.

Die Mieterhöhung der Holding betrage aber rund 140 Mark pro Monat - und wäre damit sieben Mal höher als zulässig.
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29.05.1998
 
PVC-Böden werden weiter verlegt

Mieter klagt, daß Wohnungs-Holding Empfehlung ignoriert

Von Matthias Bartsch

Wieder Streit um Bodenbeläge in Wohnungen der ABG Frankfurt Holding: Trotz anderslautender Empfehlung des Stadtparlaments baue die städtische Gesellschaft überall Böden aus PVC in ihre Wohnungen ein, klagt ein Mieter.
PVC (Polyvinylchlorid) ist in der Tat ein seit langem umstrittener Kunststoff: Aus Sicht von Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace ist er ein Symbol für überflüssige, gefährliche Chlorchemie, bei der immer wieder krebserregende Stoffe entstehen. Feuerwehrleute fürchten beim Brand des - allerdings schwer entflammbaren - Kunststoffs die entstehenden hochgiftigen Dioxine. Wolfgang Fischer, der seit vier Wochen in einer Wohnung der städtischen ABG Frankfurt Holding in der Niederräder Kalmitstraße wohnt, klagt seit seinem Einzug über Übelkeit, Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Den Grund dafür glaubt er er in einem PVC-Bodenbelag gefunden zu haben, den die Holding bei Sanierungen standardmäßig verlegt. "Es ist völlig unverständlich, daß eine städtische Gesellschaft ein derart in Verruf geratenes Material verwendet", klagt Fischer.

Holding-Geschäftsführer Frank Junker bestätigte der FR, daß PVC bei Sanierungen üblicherweise als Bodenbelag verwendet werde. Auch als Ersatz für die mit krebserzeugenden PAKs belasteten Parkettböden in den früheren US-Housing-Wohnungen ist PVC zumindest im Gespräch. "Das ist ein absolut üblicher und zugelassener Baustoff", sagt Junker. Beschwerden habe es außer der von Fischer auch noch nie gegeben. Da man für den Bodenbelag Markenprodukte hoher Qualität verwende, bestehe auch "keine Gefahr, daß da irgendetwas ausdünstet".

Etwas differenzierter sehen das die Experten des Umweltbundesamtes (UBA) in Berlin. Für Bodenbeläge werde sogenanntes Weich-PVC verwendet. Die darin enthaltenen chemischen Weichmacher träten durchaus in die Raumluft aus und seien gesundheitlich grundsätzlich nicht unbedenklich, so die offizielle Auskunft des UBA. Allerdings sei bei bisherigen Messungen keine Schadstoff-Konzentration festgestellt worden, die zu akuten Gesundheitsbelastungen führen könnten. Beschwerden über Kopfschmerzen, Unwohlsein und Geruchsbelästigungen seien in der Regel auf die lösungsmittelhaltigen Kleber zurückzuführen, mit dem die PVC-Beläge fixiert würden.

Das Stadtparlament hat bereits im Januar 1990 beschlossen, in städtischen Betrieben oder bei von der Stadt in Auftrag gegebenen Neubauten und Renovierungen "den Ersatz von PVC-haltigen Produkten, soweit vorhanden und einsetzbar, sicherzustellen".

Die Grünen im Römer verweisen auf ihren Parlamentsantrag vom Mai 1996, in dem als Konsequenz aus dem Flughafenbrand in Düsseldorf gefordert wird, auch auf "Gesellschaften, an denen die Stadt beteiligt ist", Einfluß zu nehmen, daß dort kein PVC mehr verwendet wird. Der Magistrat reagierte damals mit dem Hinweis auf die "gesonderten Vertragsbedingungen", die städtische Ämter bei der Vergabe von Aufträgen zu befolgen haben: Danach dürfe in städtischen Gebäuden seit August '96 PVC nicht mehr in Fenster- und Türprofilen, Wasserleitungen und Fußbodenbelägen verbaut werden.

Dieses PVC-Verbot, so Holding-Chef Junker, beziehe sich aber nur auf die von Ämtern verwalteten Liegenschaften wie Kindertagesstätten, Schulen und Rathäuser. "Wohnungen städtischer Gesellschaften sind nicht erfaßt."
© Frankfurter Rundschau 1998


20.05.1998
 
Mieter schmoren bis Ende Juni

Holding klärt erst nach allen Analysen über PAK-Werte auf
 
Von Lutz Fischer
Die Frankfurt Holding will erst Ende Juni ihre Mieter in den ehemaligen US-Siedlungen darüber informieren, welche Wohnungen mit dem krebserregenden PAK verseucht sind und saniert werden müssen. Diesen Zeitplan nannte jetzt Holding-Geschäftsführer Frank Junker. In den nächsten Tagen sollen drei Institute mit der Analyse von Hausstaub und gegebenenfalls auch der Raumluft in den meisten der 1600 zur Holding gehörenden Wohnungen beginnen. Erst wenn Ende Juni alle Ergebnisse vorliegen, sollen auch die Mieter über die Werte in ihrer Wohnung informiert werden.

Gleichzeitig wies Junker Vorwürfe der Mieterinitiativen zurück, wichtige Analyseergebnisse zurückgehalten zu haben. Mietersprecher Elmar Rothe hatte der Holding Hinhaltetaktik und mangelhafte Informationspolitik vorgeworfen, weil bereits seit Mitte April Analysen von Fresenius bekannt seien, wonach in einigen Wohnungen überhöhte PAK-Werte im Kleber gefunden wurden. So habe der PAK-Leitwert Benzoapyren (BaP) in einigen Wohnungen über 8000 mg/Kg gelegen. Der vom Umweltbundesamt genannte Grenzwert liege hingegen bei 3000 mg. Diese Werte habe die Holding den Mietern aber gar nicht von sich aus mitgeteilt. Erst auf Nachfrage hätten viele von den überhöhten BaP-Werten im Parkettkleber ihrer Wohnung erfahren.

Die Holding habe sich nicht zu Informationen veranlaßt gesehen, weil diese Werte allein nichts besagten, erläuterte Junker. Es müsse nicht heißen, daß das BaP auch in den Hausstaub und die Raumluft gelangt sei. Deshalb werde in diesen Wohnungen zunächst der Staub und die Luft analysiert. "Wir wollten die Mieter nicht mit Werten alleinlassen, die gar keine Aussagekraft besitzen", sagte Junker. Sobald "gesicherte Erkenntnise" für alle Wohnungen vorliegen, werde die Holding die Mieter informieren. Keine Hausstaubanalysen mehr werde es in den Wohnungen geben, in denen gar kein BaP im Kleber gefunden wurde.
© Frankfurter Rundschau 1998


07.05.1998
 
1800 städtische Wohnungen gehen an die Holding
 
Haupt- und Finanzausschuß stellt Weichen / Keine Nachteile für die Mieter
 
Von Claus-Jürgen Göpfert
Die 1800 städtischen Wohnungen, die das Liegenschaftsamt verwaltet, werden an die städtische Wohnungs-Holding verkauft. Das beschloß der Haupt- und Finanzausschuß des Stadtparlaments jetzt mit den Stimmen von CDU und SPD. Für die Mieter, versicherte Amtsleiter Alfred Gangel am Mittwoch, ändere sich nichts. Ein Verkauf einzelner Wohnungen an Dritte sei ausgeschlossen - auch von Mieterhöhungen ist nicht die Rede.
Das Liegenschaftsamt hofft auf Einnahmen von mindestens 160 Millionen Mark durch den Verkauf. Die wirtschaftlich eigenständige Holding als Dachorganisation der städtischen Wohnungsgesellschaften will dagegen wesentlich weniger Geld an die Stadtkasse zahlen. Holding-Geschäftsführer Frank Junker nannte als Größenordnung ungefähr 100 Millionen Mark. Das Geld müßte die Holding wohl durch Kredite aufbringen. Das hieße: Im Finanzsystem der Kommune werden die Lasten nur verlagert. Ob die Verhandlungen noch in diesem Jahr zum Abschluß gebracht werden können, ist offen. Wie Gangel sagte, läßt er seit zwei Monaten vom städtischen Gutachterausschuß die Werte der einzelnen Immobilien ermitteln. Die Wohnhäuser, die über das ganze Stadtgebiet verstreut liegen, stammen zum überwiegenden Teil aus den frühen 50er Jahren. "Sie sind alt und sanierungsbedürftig", sagte Gangel. Andererseits bringen die Wohnhäuser jährliche Mieteinnahmen von über 20 Millionen Mark. Die Mieten liegen für Frankfurter Verhältnisse zum Teil extrem niedrig - die Spanne reicht von vier Mark bis zu 16 Mark pro Quadratmeter. Die Höhe orientiere sich je nach Ausstattung der Häuser am Frankfurter Mietspiegel, so Gangel. Der Verkauf der Wohnungen an die Holding war von den Sozialdemokraten im Römer beantragt worden. Die CDU, Partner auf der "Kommunalpolitischen Plattform", stimmte zu. Die Holding, so heißt es in dem SPD-Antrag, verfüge über eingearbeitetes Personal und langjährige Erfahrung mit der Verwaltung von Wohnungen. CDU und Sozialdemokraten erhoffen sich durch die Übertragung der Wohnungen "Möglichkeiten wirtschaftlicheren Personaleinsatzes". So werden im Liegenschaftsamt beispielsweise jetzt sechs Mitarbeiter frei, die bisher mit der Verwaltung der 1800 Wohnungen beschäftigt waren. Diese Beschäftigten, versichert Amtsleiter Gangel, könne er sehr gut für andere Aufgaben brauchen - ein Personalabbau im Amt stehe nicht zur Diskussion. Eine Entlastung soll der Verkauf der Wohnungen an die Holding auch für das städtische Hochbauamt mit sich bringen. Das Hochbauamt hat bisher die Aufgabe, die städtischen Wohnungen zu unterhalten und notwendige Reparaturen zu konzipieren und zu veranlassen. Der Leiter des Hochbauamtes, Roland Burgard, erklärte allerdings, das Amt leide "unter Personalnot". Viele qualifizierte Mitarbeiter hätten ihren Vorruhestand angetreten, "weitere Leistungsträger gehen bald weg". Gerade in der Abteilung Bauunterhaltung herrsche "Schwindsucht".
© Frankfurter Rundschau 1998


06.05.1998
 
Schadstoffhaltiges Parkett wird nicht ausgetauscht
 
Holding rechnet in jeder dritten Wohnung der US-housing areas mit zu hohen Grenzwerten
 
Die städtische Wohnungs-Holding will das mit Schadstoff belastete Parkett in den Unterkünften der früheren US-housing areas in keinem Fall austauschen. In Wohnungen, die mehr als zehn Milligramm Benzo(a)pyren (BaP) pro Kilo Hausstaub aufweisen, soll das Parkett versiegelt oder mit Teppichboden abgedeckt werden. Das kündigte Holding-Geschäftsführer Frank Junker an. Gar nichts unternimmt die Holding bei den mit Pestiziden belasteten Wandschränken. Die Meßergebnisse des städtischen Gesundheitsamtes zeigten, so Junker, Ergebnisse weit unter den gesetzlichen Grenzwerten. Die Holding empfehle deshalb den Mietern, "die Wandschränke innen und außen mit Schellack zu bestreichen". Rechtlich seien die Schränke Sache der Mieter, die sie beim Einzug übernommen hätten. Derzeit ermitteln vier beauftragte Institute in allen 1600 ehemaligen US-Wohnungen der Holding durch Proben die Belastung mit BaP im Parkettkleber. Bis Mitte Juni sollen Ergebnisse vorliegen. Junker rechnete damit, daß bei etwa einem Drittel der Wohnungen der Grenzwert von zehn Milligramm BaP pro Kilo Hausstaub überschritten werde. Die Kosten der dann nötigen Sanierung schätzte der Geschäftsführer auf "mindestens 40 Millionen Mark". Die Sanierung zieht sich nach Einschätzung der Kommune über das Jahr 1999 hinaus hin. Die Holding werde Kredite aufnehmen müssen, um die Sanierung zu finanzieren. Die Stadt hofft jedoch noch immer auf finanzielle Unterstützung des Bundesfinanzministeriums - auf entsprechende Briefe habe Bundesminister Theo Waigel (CSU) noch nicht geantwortet. Junker bestritt Angaben des städtischen Gesundheitsamtes, nach denen bisher 400 Wohnungen in den housing areas von den Mietern verlassen worden seien und leerstünden. "Das ist kompletter Quatsch", sagte er. Nach einer Erhebung der Holding gebe es in den früheren US-Siedlungen 35 leerstehende Wohnungen. "Das ist die normale Fluktuation, es existiert keine Kündigungswelle." Auch hätte die Untersuchung von über 400 Mietern im Gesundheitsamt "keine besorgniserregenden Befunde" erbracht. Die Mieterinitiativen rufen für Donnerstag, 14. Mai, um 19.30 Uhr zu einer Versammlung im Haus Dornbusch auf. Ein Thema: "Wie können wir weiter Druck machen?" jg
© Frankfurter Rundschau 1998 


18.04.1998
 
Der Bund will die PAK-Sanierung mitbezahlen
 
Schadstoffe in früheren US-Wohnungen: Finanzministerium spricht von Krebs-Risiko
 
Von Matthias Bartsch
Die Bundesregierung hat zugesagt, sich an den Kosten für die Sanierung der PAK-belasteten früheren US-Wohnungen zu beteiligen. In einer Erklärung des Bundesfinanzministeriums heißt es, "alle an dem PAK-Problem Beteiligten müssen sich einer vertretbaren Kostenbeteiligung stellen". Die Höhe einer Kostenbeteiligung des Bundes könne aber erst nach Klärung der Fakten festgelegt werden, insbesondere nach Festlegung von Meß- und Sanierungsmethoden aufgrund entsprechender Expertenempfehlungen.  In der Erklärung des Bundesfinanzministeriums wird anerkannt, daß die PAK (polyzyclische aromatische Kohlenwasserstoffe) zu den krebserzeugenden Stoffen gehören, für die "generell das Minimierungsgebot gilt". Da schon bei relativ geringen Konzentrationen das Krebsrisiko wächst, werden bei solchen Stoffen üblicherweise keine Grenzwerte festgelegt. Bislang konnten sich die Experten jedoch weder auf ein einheitliches Meßsystem einigen noch auf Empfehlungen, von welcher Schadstoffkonzentration an Sanierungen notwendig sein sollen. Ein neuer Anlauf soll am 28. April im Bundesumweltamt genommen werden.  Für die Sanierung von 1200 früheren US-Wohnungen im bayerischen Fürth hat Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) bereits vor Wochen die Übernahme von etwa 50 Prozent der Kosten zugesagt. In anderen Teilen der Republik war dies auch im Zusammenhang mit der diesjährigen Landtagswahl in Bayern gesehen worden. Insgesamt hat der Bund 23 000 Wohnungen von den US-Streitkräften übernommen und zum Teil an kommunale Wohnungsbaugesellschaften weiterverkauft. In Frankfurt gehören noch rund 1200 frühere US-Wohnungen dem Bund, 1600 befinden sich im Besitz der städtischen Frankfurt-Holding.  Das Bundesfinanzministerium weist in seiner Erklärung ausdrücklich darauf hin, daß kommunale Gesellschaften wie die Holding keinen Rechtsanspruch darauf hätten, daß der Bund sich an den Sanierungskosten beteilige. Es handele sich um eine freiwillige Leistung.
© Frankfurter Rundschau 1998 


08.04.1998
 
"Sofortige Sanierung der US-Housings"
 
Grüne verweisen auf Fürther Beispiel und fordern ein Ende der Grenzwert-Debatte
 
Von Matthias Bartsch
Die Grünen im Römer haben erneut eine sofortige Sanierung der PAK-belasteten früheren US-Housings gefordert. An den Sanierungskosten müsse sich der Bund beteiligen, forderte der umweltpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Thomas Schlimme, und verwies auf das Beispiel der Stadt Fürth, wo Bundesfinanzminister Theo Waigel 15 bis 20 Millionen Mark zur Sanierung von 1200 Wohnungen zuschießen wolle: "Der bayerische Landtagswahlkampf macht's möglich." Es könne aber nicht sein, "daß nur die Betroffenen in Bayern von den Wahlkampfgeschenken der Amigos profitieren", sagte Lutz Sikorski, Fraktionschef der Grünen. Die logische Konsequenz aus den Vorgängen in Fürth sei eine finanzielle Beteiligung des Bundes an der Sanierung aller belasteten Housing-Wohnungen. Daß in Frankfurt und anderswo saniert werden müsse, stehe angesichts von Konzentrationen zwischen 20 000 und 80 000 Milligramm pro Kilo der krebserzeugenden PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe), die im Parkett-Kleber zahlreicher Housing-Wohnungen gefunden worden seien, außer Frage. Die Grünen wiesen darauf hin, daß es in Hessen bereits für Erdboden einen Grenzwert von nur 150 Milligramm PAK pro Kilogramm gebe, und deshalb kein vernünftiger Grund bestehe, noch länger über Grenzwerte zu diskutieren.
© Frankfurter Rundschau 1998 


07.04.1998
 
Kommentar
 
Was anderswo geht...
 
Von Matthias Bartsch 
Siehe da, es geht doch: Während im großen Frankfurt (650 0000 Einwohner) immer wieder auf anstehende Expertengespräche, Hearings und unklare Rechtslagen verwiesen und vertröstet wird, hat die relativ kleine Stadt Fürth (108 000 Einwohner) längst entschieden. 1200 PAK-belastete ehemalige US-Wohnungen werden dort saniert: "Dann ist die Sache erledigt", soll Oberbürgermeister Wilhelm Wenning (CSU) gesagt haben.   Das klingt nach wohltuender Entscheidungsfreude und Bürgernähe, wo viele hundert überwiegend junge Familien die Gesundheit vor allem ihrer Kinder in Gefahr sehen. Allerdings hat der Mann auch leicht reden - wenn geschieht, womit CSU-Leute in Fürth bei ihren Wählern schon kräftig werben: Ihr Bonner Parteifreund Theo Waigel werde rund die Hälfte der Sanierungskosten übernehmen.   Das Wahlkampfgeschenk sollten Kommunalpolitiker, Wohnungsgesellschaften und Mieter in Frankfurt, Mainz, Berlin und überall sonst, wo der Bund bislang 26 000 ehemalige US-Wohnungen verkauft hat, dem Bundesfinanzminister nicht durchgehen lassen. Die Angst vor Krebserkrankungen durch Wohngifte ist in Fürth nicht höher zu bewerten als anderswo, und statt sich bei städtischen Wohnungen bei den Parteifreunden an der Pegnitz großzügig zu zeigen, sollte Theo Waigel lieber erstmal in seinem eigenen Bestand wenigstens für ein Mindestprogramm sorgen: 1200 bundeseigene Housing-Wohnungen gibt es noch Frankfurt, bislang sind dort noch nicht einmal flächendeckende Schadstoff-Messung in Sicht.   Unabhängig davon bringt das Fürther Beispiel aber auch die Frankfurter Stadtregierung in Zugzwang. Was anderswo geht, werden die Mieter und Käufer der Housing-Wohnungen nun mit Recht sagen, muß auch hier möglich sein - gerade in einer Stadt, deren Oberbürgermeisterin in Wahlkampfzeiten immer so gerne mit der Präsenz und Aufmerksamkeit jenes gewichtigen Mannes wirbt, der in Bonn schließlich noch immer als Chef des Bundesfinanzministers amtiert.
© Frankfurter Rundschau 1998


28.03.1998
 
Bewohner beklagen lange Grenzwert-Debatte
 
Mieterversammlung zu PAK-belasteten US-Housings
 
"Wenn ich meine Koffer packen und ausziehen will, dann muß ich noch überlegen, was ich gefahrlos mitnehmen kann", sagte die Frau sarkastisch. Sie ist eine von 350 Betroffenen, die am Donnerstag abend zur Mieterversammlung der Bewohner der schadstoffbelasteten, ehemaligen US-Housings ins Haus Dornbusch gekommen waren. Dazu eingeladen hatte die "Arbeitsgruppe der Initiativen".   Viele der Anwesenden wußten aus privaten Gutachten, daß sie Insektizide in den Einbauschränken oder Polyzyklische Aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) im Hausstaub haben, die aus belastetem Parkettkleber stammen. "Wann handeln die Vermieter endlich?", war deshalb die meistgestellte Frage des Abends. Das Verhalten der Frankfurt Holding und der Bundesvermögensverwaltung wurde als "Hinhaltetaktik" empfunden. Auch die Abwesenheit von Vertretern der Stadt stieß auf Unverständnis.   "Jeder Einzelne muß etwas tun, sonst passiert in absehbarer Zeit nichts", sagte Elmar Rothe, Sprecher der Initiativen. "Wir sind am Ende unserer Kapazität, schließlich haben wir noch Familie und Beruf." Neue Arbeitsgruppen sollen gebildet werden, die die Rechtslage analysieren oder Protestaktionen vorbereiten.   Beklagt wurde die Debatte um einen allgemeingültigen Grenzwert für PAK, die den Frankfurter Mietern zu lange dauert. "Die Festlegung eines Richtwertes kann lediglich ein Risikokonsens sein", sagte Wigbert Maraun vom Arguk-Umweltlabor. Eigentlich gebe es keine unbedenkliche PAK-Konzentration.   Frank Junker, Geschäftsführer der Frankfurt Holding, sagte im Gespräch mit der FR: "Wir praktizieren keine Hinhaltetaktik, wir warten auf einen bundesweit gültigen Richtwert und ein standartisiertes Meßverfahren, um dann flächendeckende Messungen einzuleiten." Man müsse erst einmal wissen, ab wann und wie saniert werden muß.   Über ein einheitliches Analyseverfahren und über den Wert, von dem an ein Risiko für die Gesundheit bestehe, diskutierte im Laufe der Woche eine Expertenrunde in Berlin. Sie wurde vom Umweltbundesamt einberufen. Die Wissenschaftler und Behördenvertreter aus Bund, Ländern und Kommunen sind nun zu ersten Ergebnissen gelangt: Einigkeit gibt es darüber, daß das krebserzeugende Benzo(a)pyren (BaP) als Leitkomponente für die große Stoffgruppe der PAK dienen soll. BaP kann über die Atemluft, die Nahrung oder über die Haut aufgenommen werden. Besonders Kinder bis zu sechs Jahren, die oft auf dem Fußboden spielen, sind in Gefahr, BaP aufzunehmen und sollen bei einer Risikoabschätzung im Vordergrund stehen, so die Expertenmeinung.   Ein Kind nehme täglich etwa 100 Milligramm Hausstaub auf. Um das Krebsrisiko zu bewerten, das durch den BaP-Gehalt im Hausstaub gegeben ist, wurde das "Regelwerk zum Bundesbodenschutzgesetz" und eine Veröffentlichung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur "Beziehung zwischen Risiko und BaP-Zufuhr" herangezogen. Die Wissenschaftler leiteten daraus ab, daß bei lebenslanger Aufnahme von täglich 100 Milligramm Hausstaub - mit einem BaP-Gehalt von 10 Milligramm pro Kilo - mit fünf zusätzlichen Krebsfällen pro 100 000 Personen zu rechnen ist.   "Auf eine einheitliche Meßmethode konnte man sich noch nicht einigen", berichtet Karsten Klenner, Pressesprecher des Umweltbundesamtes. Deshalb werde es in Kürze ein weiteres Expertengespräch geben. biv  
© Frankfurter Rundschau 1998 


24.03.1998
 
Die ersten Mieter verlassen die US-housing areas
 
Schadstoffe haben Alarmstimmung ausgelöst / Die Stadt will noch vor Ostern mit Messungen beginnen
 
Von Claus-Jürgen Göpfert
Alarmstimmung in den früheren US-housing areas: Aus Angst vor Schadstoffen in den 2800 Wohnungen ziehen die ersten Mieter aus. Allein in den 1600 Wohnungen der städtischen Holding zahlen nach deren Zwischenbilanz über 150 Parteien aus Protest nicht mehr ihre volle Miete - und täglich werden es mehr. Die Holding verspricht: Noch vor Ostern beginnen Messungen, um in allen Wohnungen die Belastung mit krebserzeugenden aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK) und dem Insektengift DDT zu ermitteln. 
Im Januar 1996 waren sie eingezogen - mit vielen Hoffnungen. Heute zuckt Gertrud Servus ratlos mit den Schultern: "Wie lange soll man warten?" Weiterleben mit der Ungewißheit, welche Gesundheitsgefahr tatsächlich vom Parkett oder von den Wandschränken ausgeht - sie wollte es nicht mehr. Am heutigen Dienstag rollt der Möbelwagen vorm Haus Franz-Werfel-Straße 20 vor - und die Familie Servus zieht aus.   "Wir hatten eine gute Hausgemeinschaft": Anja Eckel erinnert sich mit Bedauern. Sie hatten schon geplant "für das Straßenfest im Sommer". Aber jetzt kündigte das junge Paar mit den zweijährigen Zwillingen seine Wohnung zum 15. April - der Mietvertrag für das neue Domizil ist schon vereinbart. "Wenn die Gesellschaft uns keinen neuen Boden verlegt, ziehen wir aus": Adrienne Jass ist entschlossen. Und Christine Salzmann fügt hinzu: "Ich verlasse meine Wohnung in der Sudermannstraße - ich hab' schon meine Miete gemindert".   Vier Frauen sitzen um den Küchentisch der Eckels - eine Momentaufnahme der Stimmung in der housing area Platenstraße. "Wir sind mit den Nerven am Ende", kommentiert Beate Hunger, die Sprecherin der Mieterinitiative "Ideal". Als die Hungers aber aus Protest "gegen die Untätigkeit" der Wohnungsgesellschaft ein bemaltes Bettlaken aus dem Fensterhängten, "haben wir eine schriftliche Abmahnung bekommen".   Die Nerven liegen blank - auch bei Frank Junker, dem Geschäftsführer der städtischen Wohnungs-Holding. "Wir sind nicht untätig", versichert er. Am heutigen Dienstag entscheiden das Bundesgesundheitsministerium in Bonn und das Bundesumweltamt über ein standardisiertes Meßverfahren für die Schadstoffe in allen früheren housing areas in Deutschland. Auf der Basis könne vor Ostern mit Messungen in den 2800 Frankfurter Wohnungen begonnen werden.   Daß aber immer mehr Bewohner ihre Miete kürzen, wird von der Holding "nicht akzeptiert". Zahlreiche juristische Auseinandersetzungen kündigen sich an. Junkers Sicht der Dinge: "Die Miete kann nicht gemindert werden, weil von den Mietern nicht nachgewiesen ist, daß der Gebrauchswert der Wohnung erheblich gemindert ist". Von den Mietern bezahlte Schadstoff-Messungen durch das private Umweltlabor Arguk akzeptiere die Gesellschaft nicht: "Die haben ihre Grenzwerte selbst festgesetzt".   Tatsächlich existiert noch kein gesetzlicher Grenzwert für PAK's in Wohnungen. Wohl aber für Spielplätze: Dort wurde Sand ausgetauscht, wenn es mehr als fünf Milligramm PAK pro Kilogramm gab. Im Staub der Wohnungen fanden auch die von der Holding beauftragten Experten bei Stichproben Werte von bis zu 2600 Milligramm pro Kilo. Anja Eckel blickt auf ihre Zwillinge Marc und Nina, die krähend über den Boden krabbeln. Den PAK-Wert, der in ihrem Schlafzimmer gemessen wurde, vergißt sie so schnell nicht: "347 Milligramm". Außerdem fand sich das Insektengift DDT in den Einbauschränken. Seit Februar 1997 hatte der kleine Marc "sieben epileptische Anfälle". Ihre Tochter bekam Fieberkrämpfe: "Für mich hängt das zusammen".   Und Adrienne Jass präsentiert ihren Arguk-Meßbericht: 2130 Milligramm - der zweithöchste gemessene Wert überhaupt. "Bei erhöhten Konzentrationen öfter mal feucht den Boden wischen!", rät Holding-Geschäftsführer Junker.   Den Frauen, die am Küchentisch diskutieren, kommt das wie blanker Hohn vor. "Ich gerate in eine Putz-Hysterie", berichtet Adrienne Jass, "ständig bin ich hinter jedem Stäubchen her". Und Christine Salzmann: "Überlegen Sie mal, wie das ist, wenn Sie den Kindern sagen müssen, ihr dürft nicht auf dem Boden spielen".   Was wird, wenn immer mehr Leute ausziehen? Beate Hunger von der Mieter-Initiative: "Wir müssen verhindern, das hier ein Getto entsteht". Damit ist gemeint: Die, die es sich leisten können, gehen - die Ärmeren und schlechter Informierten in den Sozialwohnungen bleiben. Salzmann: "Bis heute gibt es keine mehrsprachigen Informationen für die ausländischen Mieter". Im Namen der Selbsthilfe-Initiativen aller housing areas fordert die junge Frau deshalb "die sofortige Einrichtung eines Bürgerbüros als Anlaufstelle". Denn: "Wir müssen den Leuten signalisieren, daß das Wegziehen aufhört".   Aber zwischen Mietern und Holding scheint die Verständigung schwierig. Am Donnerstag, 26. März, von 19.30 Uhr an planen die Initiativen eine Versammlung im Haus Dornbusch, Eschersheimer Landstraße 248. Eingeladen ist auch Geschäftsführer Junker - doch er wird nicht kommen: "Ich habe anderweitige Terminverpflichtungen - es gibt nichts, was dringend beraten werden müßte".   Siehe Kommentar
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21.03.1998
 
Römerspitzen
 
Schwankende Gestalten
 
Unter Koordination versteht der Mediziner das harmonische Zusammenwirken aller an einer Bewegung beteiligten Muskeln. So ähnlich haben sich SPD und CDU ihre Zusammenarbeit im Magistrat auch gedacht und treffen sich deshalb jeden Dienstag zu einer morgendlichen Koordinationsrunde. Wenn dabei aber einzelne Mitglieder ihre Bizeps spielen lassen, wird der aufrechte Gang der Stadtregierung zur schwankenden Veranstaltung. Zum Beispiel, wenn Planungsdezernent MARTIN WENTZ (SPD) und Wirtschaftsdezernent UDO CORTS (CDU) ihre Kräfte messen.   Da habe sich der Kollege wohl verhoben und spiele Planungsdezernent, polterte Wentz vergangenen Dienstag, worauf Kollege Corts einzuwenden wußte, die Sache sei doch abgesprochen gewesen. Davon aber wollte Wentz nichts wissen: Der Neubau des Zürich-Hochhauses am Opernplatz falle eindeutig in sein Ressort, und daß Corts bei der Immobilienmesse in Cannes Teile des schönen Plans vorab an die FAZ verriet, habe mit Kollegialität nichts mehr zu tun.   Im Dezernat des so Gescholtenen hält man von der Kollegialität des lieben Kollegen Wentz auch nicht besonders viel. Auf den Fluren wird dort gegrummelt, das Haus Wentz übe sich in wilden Planungen von einsamer Größe und lasse die Aspekte der Verkehrsanbindung, für die nun wiederum Corts zuständig zeichnet, allzu oft einfach außer acht. Was wiederum dazu führt, daß SPD-Fraktionschef FRANZ FREY die Koordination koordinieren muß, um den Muskelbewegungen der beiden Herren eine gewisse Harmonie abzutrotzen. reck
 
Folien sind schön
 
Es gibt, kein Zweifel, eine innige Beziehung zwischen ALBRECHT GLASER, Frankfurts Kämmerer, und seinen "Folien". Folien, ach was, eine viel zu schnöde Bezeichnung für die schönen, glatten, bunten Vorlagen, die erst vom Projektor an die Wand gespiegelt ihren wahren Zauber entfalten! Kein Vortrag, kein Hintergrundgespräch, beim dem Glaser sie nicht weidlich einsetzt - so auch jetzt, als er versuchte, Laien, Journalisten nämlich, die städtische Jahresrechnung 1997 zu erklären.   Und "die Schneiderin" (Glaser) litt mit. BARBARA SCHNEIDER-SIEGLER, Glasers Referentin, muß sie auflegen, die glänzenden, durchsichtigen Scheiben, und wehe, da geht was schief! "Schneiderin!" donnert der Chef da. Beim jüngsten Anlaß erlebte er Bitteres: Eine schöne "Kuchen-Grafik" - Sie wissen schon, die mit den Tortenstücken! - wartete auf Erklärung. Aber einer hatte vergessen, die bunten Kuchen-Teile zu bezeichnen - Zinsausgaben, Kredite, Einsparungen oder was? BERND WEISS, Leiter der Stadtkämmerei, blätterte, Schweiß auf der Stirn, in seinen Unterlagen. "Manchmal spielt unser Computer nicht mit": Sein untauglicher Rettungsversuch unter den Augen des Kämmerers. Nein, das kann, das darf nicht sein! Beim nächsten Mal bitte wieder "Folien", ja! - aber in ihrer ganzen Schönheit... jg
 
Die Scham des Dezernenten
 
Wenige Minuten zuvor noch hatte er seine Glanzrolle als grollender Patriarch gegeben; streng und unerbittlich alle Vorwürfe der Bürgerinitiativen aus den Housings zurückgewiesen, die beklagt hatten, daß noch immer keine flächendeckenden Messungen zum Grad der PAK-Verseuchung in ihren Wohnungen vorgenommen seien. Doch was ist das? Der Mann birgt den Kopf in den Händen. Die Schultern zucken. Schämt er sich? Weint er? SARAH SORGE (Grüne) hatte doch bloß den Bericht des Drogenreferats gelobt. Erstaunt blicken die Mitglieder des Gesundheitsausschusses auf den Dezernenten. Da löst ALBRECHT GLASER die Hände vom Gesicht, läßt sich in die Stuhllehne fallen und...lacht. Schade eigentlich, daß die Leute von der Bürgerinitiative schon bei seinen ersten strengen Worten unter Protest den Raum verlassen hatten. fra
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12.03.1998
 
Mieter in Hausen fordern Messungen sofort
 
Holding verweist auf Konzept: "Ruhe bewahren"
 
Auch in Hausen machen sich Mieter ehemaliger US-Wohnungen Sorgen um ihre Gesundheit. In der Siedlung am Fischstein wurden in einigen Wohnungen PAKs im Hausstaub gefunden. Die Untersuchungen wurden von den beunruhigten Mietern selbst in Auftrag gegeben. "Die Werte sind sehr hoch", sagt Holger Fries von der Betroffeneninitiative. "Es besteht eine sehr große Dringlichkeit."   Bis zu 1200 Milligramm PAKs (Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) pro Kilo Hausstaub seien gefunden worden. Die Mieter fordern umgehend Untersuchungen in allen 99 Wohnungen der Siedlung. Bei den Eigentümern, den Wohnungsgesellschaften MIBAU und Hellerhof, seien sie auf Ablehnung gestoßen.   "Wir werden alle Wohnungen flächendeckend auf PAKs untersuchen lassen", verspricht Frank Junker, Geschäftsführer der Frankfurt Holding. Im Moment werde an einem Konzept für die Analysen gearbeitet. Erst wenn ein einheitlicher Standard gefunden sei, würden Institute mit den Tests beauftragt. "Wir gehen davon aus, daß das noch in diesem Monat geschieht", sagt Junker. "Es passiert etwas. Jetzt gilt es, Ruhe zu bewahren."   Die Mieter fürchten sich jedoch auch vor anderen Giften, etwa PCB oder Pestiziden wie DDT. Frank Junker stellt klar: "Es wird nur auf PAKs geprüft. Wer andere Stoffe in seiner Wohnung vermutet, soll sich an die umweltmedizinische Sprechstunde des Stadtgesundheitsamtes wenden." Das Amt veranlasse dann gegebenenfalls weitergehende Untersuchungen.   "Hinzu kommt außerdem ein Asbestproblem", klagt Holger Fries. Die Fensterbänke enthielten die giftige Faser ebenso wie die Isolierung der Heizungsrohre im Keller. "Da hängen die Fasern herunter", schildert der Mieter. Frank Junker bestätigt: "Die Fensterbänke enthalten Asbestzement. Der wird aber nur zur Gefahr, wenn die Bänke bearbeitet werden." Von der schadhaften Isolierung wußte er bisher nichts: "Das höre ich zum ersten Mal. Wenn die wirklich runterhängen, besteht Handlungsbedarf." Die Rohre müßten dann neu ummantelt werden. jou  
© Frankfurter Rundschau 1998


26.01.1998
 
In der hübschen Wohnung lauert Gefahr im Boden 
 
Krebserregende Stoffe in Apartments der ehemaligen US-Housing-Areas entdeckt / Eltern warten auf Information
 
Von Matthias Bartsch 
Wie gefährlich sind die Giftstoffe aus den Parkettfußböden in den früheren US-Housing-Areas? Die Mieter sind verunsichert, viele  haben Angst um ihre Kinder. Der Eigentümer, die städtische Wohnungs-Holding, verweist darauf, daß es für die gefundenen   Schadstoffe keine verbindlichen Grenzwerte und deshalb auch keine Verpflichtung zur Sanierung gebe.  Der Vater wirft vom Eßtisch aus einen sorgenvollen Blick auf die  dreijährige Kim Laura. Das blonde Mädchen tobt mit den Nachbarskindern Patrick und Marvin herum, schiebt ihre Kindermöbel kreuz und quer über den hölzernen Fußboden. Das wirbelt Staub auf, auch wenn wohl nur noch ganz wenig da ist, weil Vater und Mutter jeden Tag  gründlich die Wohnung durchwischen. Denn im Staub sind krebserregendeStoffe, das wissen die Eltern, seit sie im vergangenen Sommer auf eigene  Kosten ein Analyse-Institut mit einer Messung beauftragt haben. "Aber  was sollen wir denn machen?" fragt Mike Ohk-Hanke, "ich kann den Kindern doch das Spielen nicht verbieten."  Im Februar 1996 sind die Ohk-Hankes in dem dreistöckigen Mietshaus in der Straße Am Neuenberg in Berkersheim eingezogen - eine der vielen  jungen Familien, die von der Stadt gezielt für die Belegung von rund 1600  früheren US-Wohnungen gesucht wurden - und vom Bund für weitere 1200, von denen allerdings noch nicht alle vermietet sind. Eine hübsche, helle Wohnung, dachten die Eltern damals, weit weg von gefährlichen   Hauptverkehrsstraßen, mit Parkettboden in allen Wohnräumen, der zwar schon etwas heruntergekommen war, aber ein angenehmes Wohnklima  versprach.  Ein paar Monate später wußten die Ohk-Hankes es besser: Im teerhaltigen  Bitumenkleber, der das Holzparkett auf dem Boden fixiert und der an einigen Stellen schon zwischen den Brettern herausdrückt, lauern hohe Konzentrationen polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (PAK).
 
Das hatte das Fresenius-Institut in einer Nachbarwohnung entdeckt. PAKs sind krebserzeugend, deshalb dürfen diese Kleber seit 1981 in Deutschland nicht mehr verwendet werden. Dann gab es Schadstoffmessungen in der Raumluft und im Staub, teils auf Initiative der Mieter, teils auf Veranlassung der Holding. In Kim Lauras Kinderzimmer ermittelte ein Gutachter mehr als 500 Milligramm PAK pro Kilo Staub, das Oberurseler Umweltlabor Arguk kam in einer anderen Housing-Wohnung auf mehr als 2600 Milligramm, das vom Stadtgesundheitsamt beauftragte Institut CAU ermittelte einige Monate später in der gleichen Wohnung 1390 Milligramm.
Was das zu bedeuten hat, sagt den Eltern aber niemand genau.Arguk-Chemiker Wigbert Maraun gibt immerhin Anhaltspunkte: Der PAK-Wert in Durchschnitts-Haushalten liege bei etwa 20 Milligramm, als 130mal niedriger als in der höchstbelasteten Wohnung, ab 25 Milligramm  gebe es "Handlungsbedarf". Die CAU-Experten schreiben in ihrem Gutachten vorsichtig: "Es besteht ein erhöhtes Gesundheitsrisiko, das allerdings nicht sicher quantifiziert werden kann." Jedenfalls könne als"sicher angesehen werden", daß gerade Kleinkinder den giftigen Staub beim Spielen schlucken und zudem PAK durch die Haut aufnehmen.  Die Umweltmedizinerin Ursel Heudorf vom Stadtgesundheitsamt sagt deshalb, als Mutter würde sie sich "schon Sorgen machen". UndMargarete Peters, die Leiterin des Gesundheitsamtes, erklärte der FR: "Der Stoff stellt unbestreitbar ein Risiko für Kinder da. Und wie bei allen Stoffen, die krebserregend sind, besteht ein Minimierungsgebot: Sie müssen also so weit wie möglich minimiert werden."  Doch die städtische Holding wehrt ab: "Es gibt für die PAKs weder Grenz- noch Richtwerte", sagt Holding-Chef Frank Junker. Es handele sich um ein Problem, das alle Wohnungen in der ganzen Republik betreffe, in denen bis 1981 mit Bitumen- oder Teerklebern Parkett verlegt worden sei. Junker verweist auf ein geplantes Experten-Hearing am 5. Februar, bei dem Toxikologen die gemessenen Werte einschätzen sollen. Bis dahin sei  es für die Mieter zumutbar, die Böden regelmäßig zu reinigen, damit sich der Staub nicht mit PAKs anreichern könne. Der Bund hat bereits einigen Mietern angeboten, aus den Mietverträgen auszusteigen. Sanieren wolle man aber nicht.  Holding und Bundesbehörden wissen: Sollte eine Sanierung der insgesamt 2800 Wohnungen mit Parkett nötig werden, drohen zweistellige Millionenausgaben. Denn Erfahrungen aus Berlin zeigen, daß nicht selten auch der Estrich unterhalb des Klebers mit PAKs stark belastet sei, sagt Heinz-Jörn Moriske vom Bundesumweltamt der FR. Doch nur auf fehlende Grenzwerte könne sich die Holding nicht zurückziehen, meint der  Experte: "PAKs in solchen Konzentrationen haben in Wohnungen nichts zu suchen."  Auch in zahlreichen Berliner Wohnungen, die von den Alliierten geräumt worden sind, habe man wegen hoher PAK-Werte durch Parkettkleber den Boden austauschen müssen.  Auf jeden Fall empfiehlt der Experte, nicht nur PAK-Gehalt im herumliegenden Staub zu messen, sondern vor allem im Staub der Raumluft. Dies sei für Toxikologen aussagefähiger. Die  Gesundheitsamts-Chefin Margarethe Peters sagt: "Wir haben schon einige Raumluftmessungen. Die Ergebnisse seien "nicht bedrohlich", lägen zwischen zwölf und 40 Nanogramm (milliardstel Gramm) pro Kubikmeter Luft. Dies wiederum hält Moriske für "nicht nachvollziehbar". Bei so hohen Werten im Staub, sagt er, werde normalerweise auch mehr PAK in der Raumluft gemessen. "Diese Messungen würde ich methodisch überprüfen."
Ähnliches haben Toxikologen den Mieter-Initiativen gesagt, die sich inzwischen überall in den Ex-Housings gebildet haben. "Da muß einigesschiefgelaufen sein", glaubt Elmar Rothe, einer der Initiativen-Sprecher. In  einigen Wohnungen habe sich der Staub vor der Messung eine Woche lang mit PAKs anreichern können, in anderen sei kurz nach einer Komplettreinigung gemessen worden. Doch ein Katalog von Fragen, die die Initiativen ans Gesundheitsamt gerichtet haben, sei unbeantwortet geblieben.
Die Unklarheit, sagt auch Mieterin Christine Salzmann, ebenfalls Mutter zweier kleiner Kinder, zehre an den Nerven. Bei jedem Ausschlag, jedem Husten befürchten die Eltern das Schlimmste.
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19.12.1997:
 
Edwards-Siedlung

Gift im Hausstaub: Kinder gefährdet
 
Aufs Staubsaugen sollten die Bewohner der Edwards-Siedlung in Berkersheim vorerst mal verzichten und Böden nur feucht aufwischen - so die Empfehlung von Wigbert Maraun vom Arguk-Umweltlabor. Schon längere Zeit hegten Bewohner der einstigen US-Housing Area den Verdacht, daß sich gesundheitsgefährdende Stoffe in ihren Wohnungen befinden. So auch Ingrid Wentzell vom Vorstand der Interessengemeinschaft Edwards-Siedlung (IGE), die seit dem Umzug gesundheitliche Probleme hat.In Absprache mit dem Gesundheitsamt gab sie im Februar ein entsprechendes Schadstoff-Gutachten in Auftrag.  Besorgnis erregten die darin mitgeteilten Hausstaub-Befunde: Gefunden wurde ein hoher Anteil an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAK's), eine Stoffgruppe, die auch krebserregende Substanzen einschließt: Auch Insektizide wurden nachgewiesen."Diese Stoffe sind eine chronische Belastung und deshalb heimtückisch", erklärt Diplom-Chemiker Maraun, "sie rufen keine akuten Krankheiten hervor, sondern lösen erst nach längerer Zeit Reaktionen des Immunsystems aus.Mögliche Folgen: Allergien, Kopfschmerzen und häufige Erkältungen.Ursel Heudorf vom Stadtgesundheitsamt warnt: Kinder seien durch den Hausstaub besonders gefährdet. "Beim Herumkrabbeln auf dem Parkettboden kommen sie der Gefahr am nächsten. Beim Ablecken ihrer Finger oder der Spielsachen können sie die gefährlichen Stoffe aufnehmen."  Keine unmittelbare Gefahr bestehe für Erwachsene: "Die PAK's sind im Staub gebunden und können nicht eingeatmet werden".Das Gesundheitsamt hat den Vermieter, die städtische Wohnheim GmbH informiert, nachdem weitere private Gutachten ähnliche Ergebnisse aufwiesen. Frank Junker, Geschäftsführer der zuständigen Frankfurt Holding, bestreitet indes eine Gesundheitsgefährdung und beruft sich auf eine Expertise von 1996, bei der die Raumluft einer Wohnung untersucht wurde - nicht aber der Hausstaub. Die Holding läßt deshalb nun ein neues Gutachten erstellen. biv
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11.12.1997
 
Für die Mieter ist der Klebstoff schuld an ihren Atemproblemen

Schadstoffe in der Edwards-Siedlung verunsichern Bewohner / Mehrere Gutachten erstellt / Gesundheitsamt rät zur Vorsicht

BERKERSHEIM (biv). Die Schadstoffbelastung in den ehemaligen amerikanischen Siedlungen beschäftigte den Ortsbeirat 10 (Berkersheim, Bonames, Eckenheim, Frankfurter Berg, Preungesheim) in seiner Dezember-Sitzung. Anlaß dafür war das Bekanntwerden von Gutachten, die in Wohnungen der Edwards-Siedlung in Berkersheim gesundheitsgefährdende Stoffe im Hausstaub nachweisen. Bündnis 90/Die Grünen forderten weitere Schadstoffmessungen in der Edwards-Siedlung und in der bisher unbeachteten Gibbs-Siedlung. Dort befinden sich auch ein Kindergarten und ein Hort.Die Fraktionen von CDU und SPD im Ortsbeirat lehnten den Antrag ab, obwohl Einvernehmen darüber herrschte, daß Maßnahmen nötig sind. "Es dauert mindestens vier Monate, bis der Antrag durch ist", erklärte Karlo Frick (CDU) die Entscheidung seiner Fraktion.Die Stadtteilpolitiker einigten sich daher auf die schnellere Variante des Ortsvorstehers Rudolf Horn (CDU). Der will im Namen des Ortsbeirats einen Brief an das Bundesvermögensamt und an Frank Junker, den Geschäftsführer der ABG Frankfurt Holding, schreiben.  Darin wird Horn darum bitten, ein unabhängiges Institut mit den Gutachten zu beauftragen. Besonders der Staub auf dem Fußboden solle auf Schadstoffe überprüft werden auch in Wohnungen der Gibbs-Siedlung.Schon länger hatten Bewohner der Edwards-Siedlung den Verdacht, daß sich gesundheitsgefährdende Stoffe in ihren Wohnungen befinden. Beispielsweise Ingrid Wentzell, die im Vorstand der Interessengemeinschaft Edwards-Siedlung (IGE) ist und seit dem Umzug in die ehemalige Housing-Area gesundheitliche Probleme hat. In Absprache mit dem Gesundheitsamt gab die Mieterin im Februar ein Gutachten in Auftrag, in dem die Schadstoffbelastung in ihrer Wohnung untersucht werden sollte.Auch andere Mieter beklagen sich über Atemprobleme, Haarausfall und allergische Reaktionen. Während eines Informationsabends der IGE im November gab Gutachter Wigbert Maraun vom Arguk Umweltlabor in Oberursel Auskunft über die Ergebnisse seiner Untersuchung: Der Hausstaub in Wentzells Wohnung weist danach einen hohen Anteil an polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) auf, eine Stoffgruppe, die auch krebserregende Substanzen enthält. "Weiterhin haben wir Insektizide nachgewiesen", berichtet Maraun.Während die PAKs aus dem Klebstoff der Parkettböden kommen und durch den Hausstaub gebunden werden, wurden die Insektizide wahrscheinlich von Kammerjägern eingesetzt. "PAKs sind eine chronische Belastung für den Körper und deshalb heimtückisch", erklärt Diplom-Chemiker Maraun. "Sie rufen keine akuten Krankheiten hervor, sondern lösen erst nach längerer Zeit Reaktionen des Immunsystems aus."  Ursel Heudorf vom Stadtgesundheitsamt sieht besonders für Kinder eine Gefahr: "Beim Spielen auf dem Parkettboden kommen sie direkt mit dem Staub in Kontakt. Beim Ablecken der Finger können die gefährlichen Stoffe aufgenommen werden." Für Erwachsene bestehe keine unmittelbare Gefahr, da bei einer Untersuchung der Raumluft keine erhöhten Schadstoffwerte ermittelt wurden.Frank Junker von der Frankfurt Holding bestreitet eine Gesundheitsgefährdung. Er beruft sich auf ein Gutachten des Instituts Fresenius von 1996, bei dem aber nur die Raumluft untersucht wurde, nicht der Hausstaub. Die Frankfurt Holding läßt nun ein zusätzliches Gutachten erstellen, von dessen Ergebnissen sie ihr Vorgehen abhängig macht.„Die Bewohner der Edwards-Siedlung hoffen auf eine komplette Sanierung des Parkettbodens, da eine Versiegelung nur wenige Jahre halte. Das Gesundheitsamt rät zu Vorsorgemaßnahmen: Die Parkettböden sollten nur feucht aufgewischt werden; Kinder sollten auf "vernünftigen" Unterlagen spielen, um nicht mit dem Hausstaub in Kontakt zu kommen. Mitarbeiter der umweltmedizinischen Abteilung des Gesundheitsamtes stehen unter der Telefonnummer 21236980 für weitere Fragen zur Verfügung.
© Frankfurter Rundschau



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